
Die Stiftung „Pirelli HangarBicocca“ in der Via Chiese in Mailand zeigt in Zusammenarbeit mit dem Museum Tinguely in Basel eine umfassende Retrospektive des 1991 verstorbenen Schweizer Künstlers. 40 Werke, die zwischen den 1950er und 1990er Jahren entstanden sind, füllen die 5.000 Quadratmeter des Ausstellungs-Bereichs der Stiftung und reichen von seinen kinetischen Skulpturen bis zu seinen monumentalen Maschinen. Die Ausstellung läuft vom 10. Oktober 2024 bis zum 2. Februar 2025 in Mailand.
Spannend ist, wie der Künstler Haushaltsgegenstände umfunktionierte. In Ballet des pauvres (1961) sind Metallglocken und Töpfe an Drähten aufgehängt. Es gibt einen langen Tisch mit kleinen Objekten, die aus ausrangierten Materialien, Spielzeug und anderen Werkstücken hergestellt sind. Diese Skulpturen dieser „Maschinenbar“ (1960 – 1985) werden mit Hilfe von Knöpfen, die vor dem Werk angebracht sind, elektrisch betätigt. Andere Objekte sind etwa ein Förderband, das Flaschen zerbricht, wie in der Installation „Rotozaza No. 2“ (1967), oder landwirtschaftliche Maschinen auf einem großen Eisensockel mit dem Namen „Plateau agriculturel“ (1978).

„Cercle et carré-éclatés“ (1981) und „Méta-Maxi“ (1986) spielen mit dem Konzept eines Fließbandes und seiner Geräusche aus dem Konzert von Rädern, Riemen, Elektromotoren und mechanischen Komponenten. Das letzte Werk, das er mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Niki de Saint Phalle geschaffen hat, trägt den Namen „Le Champignon magique“ (1989) und ist eine Skulptur in Form eines Pilzstiels, der in zwei Teile geteilt ist: Jean Tinguely schafft die Bewegung und Niki de Saint Phalle die Farbe. Daneben gibt es kleine von mechanischen Motoren angetriebene Maschinen, die etwa mit farbigen Filzstiften abstrakte Zeichnungen auf Papier anfertigen oder aber eine zehn Meter hohe, phallusförmige Struktur mit dem Namen „Selbstmord der Maschine“ von Tinguely, die eine halbe Stunde lang Feuerwerk in den Nachthimmel feuert.
In einem Interview aus dem jähr 1982 bezeichnete sich Jean Tinguely als Bewegungskünstler, dessen Werke sich auf Objekte und deren Bewegung konzentrieren. Seine Experimente mit Alltagsgegenständen machten ihn zu einem großen Pionierkünstler des 20. Jahrhunderts. Er erforschte Maschinen, ihre Funktionen, ihre Geräusche und Klänge. Er fand Gegenstände, Zahnräder und Werkzeuge und schweißte sie zusammen, um skulpturale Arbeitsmaschinen zu schaffen, die mit Motoren ausgestattet sind.





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Aufmacher: Pitstop, 1984 (Museum Tinguely, Basel; Donation Niki de Saint Phalle) ( Fotos: Agostino Osio (Pirelli HangarBicocca)/Text: Rainer Roßbach