
David Hockney, weithin gefeiert für seine lebendigen Farblandschaften, Swimming-Pools und Porträts, hat auch eine subtile, aber faszinierende Begeisterung für automobile und straßenbasierte Motive gepflegt. In der Retrospektive „David Hockney 25“ in der Fondation Louis Vuitton in Paris begegneten Besucher mehr als 400 Arbeiten aus sieben Jahrzehnten, thematisch streng durchkomponiert, mit persönlicher Beteiligung des Künstlers selbst. Obwohl Fahrzeuge und Straßen nicht im Zentrum stehen, eröffnen Hockneys gelegentliche Bezüge auf automobile Elemente spannende Perspektiven. Hinweise auf Straßenführungen, kurvige Landschaften entlang von Highways oder subtil angedeutete Fahrzeugformen manifestieren sich als gestalterisches Mittel – weniger als Motive, mehr als visuelle Metaphern für Bewegung, Fortschritt und Perspektive. Diese Annäherungen spiegeln Hockneys tiefes Verständnis für Raum, Licht und Komposition wider – unabhängig vom Sujet.
Vor dem Hintergrund der Ausstellung in der Fondation Louis Vuitton entfalten sich diese automobilen Zwischentöne mit besonderer Wirkung. Hier, im architektonischen „Glas-Schiff“ von Frank Gehry, trifft Hockneys Lust an technologischer Experimentierfreude auf eine Bühne, die selbst Modernität und Bewegung suggeriert. Seine digitalen Werke, wie die umfangreiche iPad-Serie 220 for 2020, die die normannische Landschaft im Wandel der Jahreszeiten dokumentiert, wirken wie eine visuelle Reise – eine Collage aus Bewegung, Zeit und Raum.

Technisch zeichnen sich Hockneys automobile Andeutungen durch klare Linien und geometrische Klarheit aus – Merkmale, die auch in seinen Zeichnungen und Bildkompositionen auf Straßenführungen oder Fahrbahnstrukturen wiederkehren. Diese grafische Strenge kontrastiert oft mit seiner expressiven Farbpalette, mit der er Landschaften, Lichter und Räume verdichtet – seien es plötzliche Farbschimmer auf Asphalt oder das Leuchten eines vorbeifahrenden Autos im Abendlicht. So wird die Straße mehr als Verkehrsweg: sie wird Rückgrat einer visuellen Erzählung, die Blickführung und emotionale metaphern verbindet.
In dieser Ausstellung, in der Hockney seine jahrzehntelange Experimentierfreude mit Malerei, Digitaltechnik, Opernbühnenbild und Landschaft zelebriert, geben selbst kurze Straßenschnipsel Impulse – sie vermitteln Bewegung, Richtung, Zeitfluss und laden ein, die Welt als Bühne und Reise zu sehen. Hockneys Blick auf Automobile und Straßen mag subtil sein, doch gerade darin liegt seine Kraft: Er verwebt Technik, Bewegung und Perspektive zu einer malerischen Metapher, die weit über das Sichtbare hinausführt und unsere Wahrnehmung von Alltag in Kunst verwandelt.



Fotos/Text: Rainer Roßbach