
Mit IBIS präsentieren Stellantis und Saft einen entscheidenden Technologiesprung für die Elektromobilität. Die Premiere des ersten funktionsfähigen Prototyps markiert den Übergang von der Forschung in den Praxistest. Ein Peugeot E-3008 auf der STLA Medium-Plattform dient als Demonstrationsfahrzeug und bringt eine neue Architektur auf die Straße, die Batterie, Ladegerät und Wechselrichter zu einer einzigen Einheit verschmilzt. Diese Integration verändert nicht nur das Fahrzeugdesign, sondern setzt auch neue Maßstäbe für Effizienz, Gewicht und Wartungsfreundlichkeit.
IBIS wurde als französisches Forschungsprojekt mit Unterstützung führender Universitäten und Forschungseinrichtungen entwickelt und ist Teil der nationalen Innovationsstrategie „France 2030“. Ziel ist es, die Energieumwandlung nachhaltiger, kostengünstiger und flexibler zu gestalten. Technisch basiert IBIS auf der konsequenten Integration von Lade- und Inverterfunktionen direkt in die Batterie. Damit wird elektrische Energie ohne Umwege an Motor, Bordnetz oder Nebenaggregate geliefert, unabhängig von der zugrundeliegenden Batterietechnologie. Diese Architektur ist kompatibel mit AC- und DC-Anwendungen und vereinfacht das Gesamtsystem deutlich.

Erste Messergebnisse belegen klare Vorteile: Im WLTC-Fahrzyklus steigt die Energieeffizienz um bis zu zehn Prozent, während die Leistung des Antriebs von 150 auf 172 kW zunimmt – ein Plus von 15 Prozent bei gleicher Batteriegröße. Hinzu kommt eine Gewichtsreduzierung von rund 40 Kilogramm und ein Platzgewinn von 17 Litern, was Aerodynamik und Designfreiheit verbessert. Auch beim Laden punktet IBIS: Erste Tests zeigen eine Verkürzung der Ladezeit um 15 Prozent und eine Energieeinsparung von rund zehn Prozent. Der Verzicht auf separate Lade- und Invertermodule vereinfacht zudem Wartung und Instandhaltung. Besonders relevant ist der Vorteil für Second-Life-Anwendungen: Batterien lassen sich mit IBIS leichter in stationären Energiespeichern weiterverwenden, da eine aufwendige Überholung entfällt.
Seit 2022 läuft ein stationärer Demonstrator erfolgreich im Praxiseinsatz und hat bereits zahlreiche Patente hervorgebracht. Der Schritt zum mobilen Einsatz gilt daher als logische Weiterentwicklung. Neben Stellantis und Saft sind E2-CAD, Sherpa Engineering sowie führende Forschungsinstitute wie CNRS, Université Paris-Saclay, CentraleSupélec und das Institut Lafayette beteiligt. Insgesamt arbeiten rund 25 Ingenieure und Forscher an dem Projekt, das durch Frankreichs „Future Investment Plan“ gefördert wird und von der Agentur ADEME betreut wird.
Mit Beginn der zweiten Projektphase im Juni 2025 steht nun der Straßentest im Mittelpunkt. Ziel ist die Vorbereitung einer möglichen Serienintegration bis Ende des Jahrzehnts. Dabei geht der Anspruch über die Automobilbranche hinaus: Die IBIS-Architektur könnte ebenso in Schienenfahrzeugen, Schiffen, Flugzeugen oder Rechenzentren Anwendung finden. Die beteiligten Partner sehen darin eine skalierbare Lösung, die langfristig Kosten senkt und neue Flexibilität schafft. Stellantis-Technikchef Ned Curic betont die Philosophie der Vereinfachung als Schlüssel zu mehr Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit, während Saft-Manager Hervé Amossé die Rolle als Innovationsführer im Bereich Energiespeicherung hervorhebt. IBIS steht somit nicht nur für eine technologische Neuerung, sondern für einen Paradigmenwechsel in der Architektur elektrischer Antriebe. Der Erfolg des Projekts könnte weitreichende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit bezahlbarer Elektrofahrzeuge und nachhaltiger Energiespeicherlösungen haben.

Fotos: Stellantis, Saft/Text: Rainer Roßbach