
Zum neunzigjährigen Bestehen des italienischen Studios probierten die Designer einen Blick in die nähere Zukunft des Automobils. Der Novanta, der als Reminiszenz an die lange und erfolgreiche Zusammenarbeit mit General Motors das Saab-Wappen trug, verstand sich als Oberklassenlimousine und viele der damals vorgesehenen technischen Lösungen finden sich heute in der Serie wieder. Wie im Bertone Filo und dem Chevrolet Autonomy kam ein Drive-by-wire-Konzept zum Einsatz. Hydraulikelemente, bei SKF entwickelt, wurden überall im Fahrzeug verwendet und beeinflußten maßgeblich die Konzeption der Architektur. Die SKF-Komponenten ersetzten einen Großteil der klassischen Mechanik und erlaubten dadurch den Designern eine völlig neue Sichtweise auf die Fahrer-Maschine-Schnittstelle. Informationen könnten anders aufbereitet werden und in einer neuen Qualität übermittelt werden.
Die Verwendung solcher futuristischer Ideen beschränkte sich allerdings nicht nur auf die reinen Drive-by-Wire-Komponenten, sondern das gesamte Fahrzeug wurde zu einem Informations-Knotenpunkt, der mit der Welt außerhalb kommunizieren kann und sehr unterschiedliche Angebote für Fahrer und Passagiere bereithält.
Die Karosserieform komponierte kontrapunktisch konkave und konvexe Flächen, die durch Linien in Spannung gehalten werden. Das Profil zeigt sich glatt und wird strukturiert durch eine Schulterlinie, die steil ansteigt und auf der Höhe der C-Säule mit einem Knick ihre Richtung in eine Horizontale ändert. Schulter und C-Säule bilden nun einen fast rechten Winkel, der mit dem schmalen Heckfenster abgeschlossen und formal begrenzt wird. Die eingeleitete Bewegung setzt sich in der Kofferraumlinie fort. Rechtwinklig knickt die hintere Kante ab. Dreistreifige Heckleuchten, die nur bei Aktivierung sichtbar werden, setzten die Linie subtil fort. Den unteren Abschluß bilden zwei Auspufföffnungen auf beiden Seiten der Stoßstange, die mit der Lampenform korrespondieren. Das schmale, trapezförmige Heckfenster wird in den Kofferraumdeckel weitergeführt und akzentuiert so nochmals das Volumen des Hecks: Die Architektur des Fahrzeugs betont vor allem diesen Bereich.

Die beiden Wagenseiten sind asymmetrisch gestaltet: Links befindet sich die Fahrertür, auf der Rechten sind zwei Türen für die Passagiere. Um dem Piloten einen besonders bequemen Zugang zu ermöglichen, ist die Tür hinten angeschlagen und kann bis 90 Grad geöffnet werden. Die Front wird strukturiert durch einen Kühlergrill in typischer Saab-Form sowie zwei weiteren Lüftungsöffnungen links und rechts, die ihrerseits durch ein horizontal in der Mitte angebrachtes schmales Leuchtband geteilt werden. Dieses enthält sowohl Fahr- wie auch das Blinklicht.
Innen findet man den Platz, den Komfort und die Ausstattung einer Luxuslimousine. Sobald die Fahrertüre geschlossen ist, schwenkt sich die komplette Bedienungseinheit, die „Guida“ servounterstützt aus der Tür und legt sich vor den Fahrer. In der Tür des vorderen Beifahrers befindet sich ebenfalls ein schwenkbarer Arm, dessen Computer den Zugang zum Internet erlaubt, die Anbindung ans Büro oder nach Hause. Außerdem können Unterhaltungsprogramme ablaufen. Dadurch, dass die Funktionselemente wegschwenken können, entsteht ein völlig neuer Typ von Fahrzeuginnenraum: Er präsentiert sich großzügig und offen, weil er seine technische Bestimmung optisch ausblenden kann. Den Innenraum dominiert eine zentrale Leuchtleiste, die Informationen aus dem Navigationssystem, der Audioanlage und der Klimakontrolle für alle Mitfahrenden darstellt.
Der Novanta stellte die Frage nach einer neuen Deutung der Mensch/Maschine-Schnittstelle: Geforscht wurde nach einer Technik, die eine spontane und unmittelbare Reaktion aller Systeme auf die Anforderungen des Fahrers oder seiner Begleiter möglich machte.
Bei diesem Konzept wurde nicht darüber reflektiert, ob Fahrinformationen wichtiger sind als die Büroarbeit des Beifahrers. Wichtig war vor allem die spontane Übersetzung aller Bedürnisse und die Auswirkungen dieser Hypothese auf die Fahrzeug- Architektur. Herzstück des Kommunikationssystems war ein Nokia Communicator, der in die Mitte der „Guida“ eingesetzt war und der als intelligente Datenbank diente. Die persönlichen Fahrzeugeinstellungen inklusive der Ergonomie (Sitzeinstellung, Pedaleinstellung etc.), der Klimatisierung und der Audioeinstellungen konnten für viele Personen gespeichert werden: So konnte das Telefon als intelligenter Schlüssel benutzt werden. Selbstverständlich erfolgte auch der Internetzugang über diesen Weg. Um das Fahrzeug zu starten, wurden mittels eines kleinen Scanners auf der Armatureneinheit biometrische Daten (z.B. Fingerabdruck) überprüft, von deren Verifizierung die Benutzung des Fahrzeugs abhängt.

Die verwendete Drive-by-Wire-Technologie von SKF bildete den damaligen Stand der Technik ab und sollte in Zukunft die heute im Fahrzeug verwendeten mechanischen und hydraulischen Systeme durch intelligente elektromechanische Komponenten ersetzen.Die Steuereinheit, die „Guida“ stellte alle Funktionen für den Fahrbetrieb bereit und übermittelte alle notwendigen Serviceinformationen. Mit den beiden lenkradähnlichen Griffen wurde beschleunigt, gebremst, gelenkt und ebenfalls die Übersetzung gewechselt. Dieses Steer-by-Wire-System sorgte mittels Sensoren für einen permanenten Informationsfluss zwischen Lenkrad und Fahrbahn. Der Fahrer erhielt dadurch die gewünschten sensorischen Rückmeldungen über Straßenzustand und Fahrphysik.
Die Bremsanlage wurde von SKF und Brembo gemeinsam entwickelt. Der Druck auf die Bremse wurde als digitaler Impuls an die elektromechanisch gesteuerten Bremszangen weitergegeben. Von dieser Technologie versprachen sich die Entwickler eine deutlich schnellere Bremsreaktion, da der Bremsdruck sofort umgesetzt werden kann.
Die Gänge wurden automatisch gewechselt: Die Wahl der Übersetzung erfolgte mittels eines Prozessors, der den mechanisch per Knopfdruck eingegebenen Befehl elektronisch an das Getriebe weitergab.
Die Versorgung der zahlreichen Verbraucher übernahmen ein 14-Volt- sowie ein 42 Volt-Netz. Das 42 Volt-System versorgt edie Drive-by-Wire-Installationen, das herkömmliche 14 Volt-Netz versorgte den Starter, Beleuchtungssystemsysteme, das Audiosystem, sowie die Kommunikation-Systeme.
Das Netzwerk des Novanta deckte die Kommunikationsbasis für das komplette Drive-by-Wire-System ab. Es war fehlertolerant, überwachte permanent die Zustände aller angeschlossenen Komponenten und führte Störungstests durch, um Probleme rechtzeitig zu erkennen. Die Übertragung der Informationen an die Anzeigen erfolgte im Millisekundenbereich.
Der Antrieb erfolgt konventionell mit einem Dreiliter-V6-Verbrennungsmotor mit 24 Ventilen, der 200PS bei 5000 U/min realisiert.

Fotos: Carrozzeria Bertone/Text: Rainer Roßbach