Serenissima Jet Competitzione (1965)

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Serenissima, die Marke mit dem venezianischen Markuslöwen im Wappen, ist eine Gründung des Grafen Volpi di Misurata, der selbst aus der Lagunenstadt stammt. Volpi war Wiederbegründer des Filmfestivals von Venedig und erfolgreicher Rennfahrer, der unter dem Namen SSS (Scuderia Serenissima Republica di Venezia) einen erfolgreichen Rennstall betrieb. Ende der Fünfziger war der Graf einer der besten Kunden von Ferrari, aber es kam zum Zerwürfnis, als Enzo Ferrari sich weigerte, ihm zwei 250 GTO zu überlassen. Volpi ließ in Folge seinen Ferrari 250 GT SWB von Giotto Bizzarini auf GTO-Spezifikation umbauen, danach realisierte Piero Drogo für die Scuderia Serenissima den berühmten „Bread Van“.

Später wurde Volpi zum Finanzier der Ferrari-Rebellen von ATS und begann 1963, eine eigene Rennwagen-Entwicklung voran zu treiben. Das Projekt eines Serenissima-Mittelmotor-Coupès wurde unter der Federführung von Sasamotors S.p.a. (Mario Camellini/Gerolamo Gardini) in Modena betrieben.

Der Motor für diesen Wagen, von Alberto Massimino konstruiert, ist ein 90 Grad-V8 mit 2996 Kubikzentimeter Hubraum, der eine Bohrung von 85 und einen Hub von 66 Millimeter aufweist. Das Aggregat mit der Typenbezeichnung 308V verfügt über vier Nockenwellen, eine Trockensumpfschmierung und Doppelzündung. Die Leistung beträgt 307 PS bei 8700 Umdrehungen pro Minute. Später wird der Hubraum des Motors auf 3495 Kubikzentimeter angehoben, wodurch die Leistung auf 340 PS steigt. Das Fünfganggetriebe des Serenissima stammt gleichfalls von Massimino.

Ein erstes Coupé wurde 1964 von Francesco Salomone entworfen und bei Gransport in Modena gebaut. Kurz danach bekam Fantuzzi, ebenfalls aus Modena, den Auftrag, eine offene Version zu bauen, die zu Testzwecken benutzt wurde. Der hier vorgestellte Jet Competizione entstand im April 1965. Massimino modifizierte das 64er Coupé und die Carrozzeria Gransport kleidete den Gitterrohrrahmen mit einem weiteren Salomone-Entwurf neu ein.

1966 sollte der Jet Competitzione erste Rennen bestreiten. Der Einsatz beim Vortest für die 24 Stunden von Le Mans war überaus enttäuschend: Das französische Team Coberto/Sauer unter der Bewerbung von Automobili Serenissima kam mit dem Coupé nicht über eine Zeit von 4’18.5, während die GTOs von Ferrari Zeiten um die 4’16. erzielten. Wahrscheinlich zu Testzwecken startete der italienische Werksfahrer Bertocco später im Jahr beim Bergrennen im italienischen Castione Baratti–Neviano Arduini und wurde Zweiter bei den Sportprototypen. Aber dieser relative Erfolg konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Jet Competitzione nicht konkurrenzfähig war. Mangels einer funktionstüchtigen Maschine – diese war zu der Zeit im McLaren-Serenissima M2B-2-Formel 1 eingebaut – kam es nicht zum Einsatz in Le Mans. Stattdessen wurde der Fantuzzi-Spider eingesetzt, der nochmals sechs Sekunden pro Runde langsamer war.

Die Maschine des Jet Competitzione führte ein Nomadenleben: Nachdem sie 1966 im McLaren-Formel 1 eingesetzt wurde – das Auto ist übrigens in John Frankenheimers Film „Grand Prix“ zu sehen – wurde sie danach in einen McLaren M1C und einen Lola GT Mk6 sowie in den Ford GT40 eingebaut, den Bruce McLaren bei den Entwicklungstests fuhr.

Die Karosserie wurde, nachdem Graf Volpi di Misurata Ende der Siebziger Jahre seine Aktivitäten eingestellt hatte, in die Schweiz verkauft. 1978 konnte der Besitzer der Karosserie den Motor erwerben und das Auto wieder komplettieren. Seitdem befindet sich das Auto in der gleichen Hand und wurde erstmals nach 40 Jahren beim Concorso d’Eleganza 2006 am Comer See wieder öffentlich gezeigt. Größter Erfolg der Marke bleibt, dass Bruce McLaren mit dem McLaren-Serenissima M2B-2 1966 in Brands Hatch auf den sechsten Platz fuhr und damit die ersten Punkte überhaupt für sein Team einfuhr.

Fotos: Rainer Roßbach/Text: Rainer Roßbach