Porsche LMP 2000

Porsche LMP 2000 (1999)

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In der Rennabteilung von Porsche gab es immer wieder Konzepte und Ideen, die es nicht auf die Strecke geschafft haben. Da ist etwa der Sechzehnzylinder-917 von 1971, gedacht für die Can-Am, oder der 962, dessen Laufzeit und Konkurrenzfähigkeit mit dem Achtzylinder aus dem CART-Projekt der Jahre 1988 bis 1990 verlängert und verbessert werden sollte. Der LMP 2000 aus dem Jahr ist auch so ein Solitär. Für die 24 Stunden von Le Mans gedacht und weitgehend durchentwickelt, fiel er letztlich dem Controlling zum Opfer. Jetzt aber ist er zurück.

Norbert Singer, Porsches „Mister Le Mans“ mit 16 Gesamtsiegen, erinnert sich, dass 1998 die Idee zu diesem Fahrzeug geboren wurde. Damals holte das Werksteam mit dem Porsche 911 GT1 ’98 einen Doppelsieg beim legendären 24-Stunden-Rennen. Zurück in Weissach stellte sich die Frage, ob  der Start im Folgejahr erneut mit einem GT1 oder einem LMP erfolgen sollte. Die Entscheidung fiel zugunsten eines Prototyps, der weniger Reifen verschleißt, sparsamer im Benzinverbrauch ist und Dreifach- statt Doppelstints ermöglicht. Da die Zeit bis 1999 zu knapp war, wurde der LMP für das Jahr 2000 eingeplant und es fiel die Entscheidung für einen 10-Zylinder-Saugmotor anstelle eines Turbomotors und für ein offenes Fahrzeug, das aus aerodynamischen Gründen mehr Abtrieb ermöglicht. Doch das Projekt wurde im August 1999 gestoppt und eine Teilnahme beim 24-Stunden-Rennen aus finanziellen Gründen abgelehnt. Dennoch genehmigte der damalige Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking die Fertigstellung. 

Der erste Rollout fand am 3. November 1999 statt – bei kühlen 8,6 Grad Celsius. Fahrer war Allan McNish, der an jenem Tag trotz kühler Reifen eine Höchstgeschwindigkeit von 302 km/h erreichte und insgesamt 60 Kilometer zurücklegte. Danach ging es aus besagten Gründen ins Museumslager, wo der Bolide abgedeckt vor sich hin dämmerte. Zwischenzeitlich tauchte das Auto als „Static Display“ beim 2018er Festival of Speed im englischen Goodwood auf, aber es war nicht abzusehen, dass der Spider mit dem V10-Motor vom Zeichenbrett Hans Mezgers jemals wieder fahren würde. 

Aber bei Porsche, ausgestattet mit einem großen Respekt vor der eigenen Geschichte, reifte die Idee, den LMP 2000 wieder aufzubauen und dafür wurden zunächst die Karosserieteile des schwarzen Spider erstmal peu-a-peu entfernt. Die Spannungskurve ging besonders vor dem ersten ‚Fireup‘  des Motors hoch, aber alle zehn Zylinder liefen perfekt. Eine besondere Herausforderung dagegen war, das Getriebe wieder funktionstüchtig zu machen. 

Vier alte Steuergeräte fanden sich und es wurde versucht, mit einem alten Rechner Zugriff auf den Code zu erlangen. Das erwies sich als eine besondere Herausforderung, denn ohne das Vorliegen der Steuergerätebeschreibungsdatei ist die Zuordnung und das Auslesen der Signale eine Sisyphusarbeit. Ein Signal vom Paddle am Lenkrad zur Schaltung liess sich nicht herstellen, weshalb alles so aufgebaut werden musste, dass das Hoch- und Runterschalten beim Betätigung der Kupplung stattfindet. Eine Lösung dafür fand sich im Teilepool der Formel E und die überträgt nun das Schaltsignal von der Schaltwippe an das Getriebe. Der V10 des 900 Kilogramm schweren LMP 2000 basiert auf dem glücklosen Formel-1-Motor, der 1991 von Porsche für das Footwork-Team entwickelt wurde. Dieser hochdrehende 3,5-Liter-Motor mit pneumatischer Ventilsteuerung wurde für den Einsatz in Le Mans modifiziert, indem er auf 5,5-Liter Hubraum vergrößert wurde und damit mehr als 600 PS leistete.

Zum Roll-out 25 Jahre später war es wieder der Allan McNish, der am Steuer saß. Während der 54-Jährige Schotte die ersten Runden auf der 2,88 Kilometer langen Prüfstrecke drehte, fieberte ein Team mit, das größtenteils schon vor einem Vierteljahrhundert am Projekt mit dem internen Namen „9R3“ beteiligt war. Das waren etwaNorbert Singer, damals Renningenieur, Motorsportchef Thomas Laudenbach, damals Motoreningenieur und Herbert Ampferer, ehemaliger Leiter der Rennsportabteilung. 

Fotos: Porsche/Text: Rainer Roßbach