


Drei Männer sind wesentlich in die Entwicklung und Feinabstimmung der avantgardistischen Limousine involviert. Das sind André Lefèbvre, ein Luftfahrtingenieur und Befürworter des Vorderradantriebs, der Aerodynamik, der Leichtbauweise und der optimalen Massenverteilung und Paul Magès, der die hydropneumatische Federung sowie die hydraulischen Systeme für die Lenkung, die Kupplung und das Bremssystem der DS entwickelte und Flaminio Bertoni, ein Stylist, Bildhauer und Maler, der der DS ihre ebenso revolutionären wie eleganten Linien verlieh. Am 6. Oktober 1955 erblickte der Wagen, der wie eine Vision der Zukunft erschien, auf dem Pariser Automobilsalon im Grand Palais das Licht der Öffentlichkeit. Ihr Anblick war so erstaunlich, dass der Philosoph und Schriftsteller Roland Barthes die DS in seinem 1957 erschienenen Buch „Mythen des Alltags“ als „das fast exakte Äquivalent der großen gotischen Kathedralen“ beschrieb.

Der Name des Modells „DS 19“ leitete sich vom Motor ab, der einen Hubraum von 1.911 Kubikzentimeter aufweist und 75 PS leistet. Publikum und Journalisten sind so begeistert, dass der Legende nach bis zum Ende des Premierentages 12.000 Kaufverträge eingehen. Zum Ende der Messe waren es schon 80.000. Die Produktion der DS beginnt am 7. Oktober 1955 im Werk am Quai de Javel in Paris. Die ersten Fahrzeuge auf der Straße sorgen für Menschenaufläufe, denn die DS war auch ein Träger innovativer Technologie. So bietet die hydropneumatische Federung ein bis dahin nie dagewesenes Maß an Komfort und sicherem Fahrverhalten. Ein weiteres Sicherheitsmerkmal ist das extrem leistungsfähige, hydraulisch unterstützte Bremssystem mit Scheibenbremsen an der Vorderachse.

In den 1950er Jahren kommen mehrere Versionen der DS 19 auf den Markt. Dem 1956 präsentiertem, technisch etwas einfacheren ID 19 mit einem herkömmlichen Bremspedal statt des „Bremspilzes“ der DS 19, folgen 1958 gleich drei unterschiedliche Kombiversionen: Der Break hat zusätzliche Klappsitzen unter dem Kofferraum-Boden, der Commerciale verzichtet auf Sitze im Heck und der Familiale hat zusätzlich eine Klappsitzreihe in der Mitte. Ab 1956 wird die „Déesse“ auch in Großbritannien und Belgien gebaut, ab 1959 auch in Südafrika. Zudem wird die DS 19 nach ganz Westeuropa, in fast alle Länder des britischen Commonwealth einschließlich Kanada und Australien sowie in die USA exportiert.
Eine weitere Variante, die im Oktober 1958 erscheint, ist eine Chauffeurslimousine mit schwarzen Lackierung und einer versenkbaren Glasscheibe zwischen vorderer und hinterer Sitzreihe. Im März 1959 kommt dann der DS 19 Prestige auf den Markt. Zu seinen Optionen zählen eine Gegensprechanlage, ein Autoradio sowie ein Autotelefon.


Und auch sportlich reüssiert der komfortable Avantgardist. Drei Monate nach der Markteinführung startet ein halbes Dutzend DS 19 bei der Rallye Monte-Carlo und feiert einen ersten Klassensieg. 1966 holen die Finnen Pauli Toivonen/Ensio Mikander dann den Gesamtsieg auf einer DS 21.
Viele Weiterentwicklungen bescheren der futuristischen Limousine ein langes Leben, das erst am 24. April 1975 gegen 15 Uhr endet – nach genau 1.456.115 gefertigten Stück wird die Baureihe eingestellt. Das letzte Exemplar ist eine DS 23 Pallas in der Farbe Bleu Delta. Wie ein Aufkleber in der Windschutzscheibe verrät, ist es die 1.330.755ste DS, die im Stammwerk produziert wurde. Sie wird an einen Kunden in der Gironde ausgeliefert.

Fotos: Citroën, Stellantis/Text: Rainer Roßbach