
Der erste Formel 1 von Alpine entstand schon 1968 und wurde sogar getestet. Da er aber angeblich ohne die Zustimmung des Alpine-Gründers und Eigentümers Jean Redelé entstand, wurde das Projekt beendet. 1975 erst entstand mit der Alpine A500, die 1975 und 1976 in Dieppe gebaut wurde, ein Nachfolger. Dieser Wagen, auch als „Laboratoire“ bekannt, war der Vorläufer der späteren Formel-1-Aktivitäten vom Mutterkonzern Renault.
Nach der Übernahme des durch Renault im Jahr 1973 lag der Fokus auf dem Sportwagenprogramm. So gewann 1974 Alain Serpaggi mit der Alpine A441 die Europameisterschaft der 2-Liter-Sportprototypen. Der wurde von einem Zweiliter-V6-Motor angetrieben, einer Gordini-Entwicklung. Der von François Castaing entworfene Motor verfügte über zwei oben liegende Nockenwellen und vier Ventile pro Zylinder.
Nach der erfolgreichen Saison 1974 stiegen nahmen Alpine, Renault und Gordini die Dreiliter-Klasse in den Blick, vornehmlich um das prestigeträchtige 24 Stunden-Rennen von Le Mans zu gewinnen. Der V6-Motors wurde jedoch nicht auf einen Hubraum von drei Liter gebracht sondern mit einem Turbolader versehen. Das damalige Sportwagenreglement einen Äquivalenzfaktor von 1,4 vorsah, damit Saug- und Saugmotoren in der gleichen Klasse konkurrieren konnten. Das bedeutete, dass der aufgeladene Zweiliter-Motor problemlos für die Dreiliter-Klasse passte.
Renault-Gordini-Ingenieur Bernard Dudot, ging in die Vereinigten Staaten, um die Indianapolis-Turbos und auch Porsches CanAm-Boliden zu studieren. Nach seiner Rückkehr wurde dann mit der Entwicklung des so genannten CHS-Motors beauftragt. In der Gordini-Motorenfabrik in Viry-Chatillon versah man infolge den vorhandenen Zweiliter-Motor mit einem Garrett-Turbolader. Selbst bei einem relativ bescheidenen Ladedruck, der der Haltbarkeit geschuldet war, waren die Leistungsdaten des neuen Motors beeindruckend. Der Einbau des Turbos führte zu einer Leistungssteigerung von fast 200 PS – von 305 auf 500 wettbewerbsfähige PS.

Damit rückte für die Gordini-Ingenieure ein neues Ziel ins Blickfeld: Die Formel 1. Das in den 1970er Jahren geltende Reglement erlaubte zwar auch aufgeladene Motoren, die es aber in der Praxis nie gegeben hatte. Stattdessen verwendete das gesamte Feld Dreiliter-Saugmotoren mit acht oder zwölf Zylindern. Das Limit für aufgeladene Motoren lag bei eineinhalb Litern Hubraum.
Renault- und Alpine-Sponsor Elf, unterstützte auch das Tyrrell-Formel-1-Team. In diesem frühen Stadium der Entwicklung brachte Elf Renault und Ken Tyrrell zusammen. Der Teambesitzer war daran interessiert, den Motor einzusetzen. Er engagierte sich für die weitere Entwicklung des Turbomotors, da er glaubte, dass dieser Ansatz eine Möglichkeit für die Zukunft sei.
Unter großer Geheimhaltung wurden die ersten V6-Motoren gebaut, bei denen Bohrung und Hub verkleinert wurden, um den Hubraum auf 1.495 ccm zu senken. Beibehalten wurden die Vierventilköpfe. Wie beim Sportwagenmotor war der Turbo hinter dem V6 angeordnet. Die Turbine auf der rechten Seite des Turbos wurde von hinten durch die Abgase beider Zylinderbänke über ein aufwändiges Rohrsystem angetrieben. Die zweite Turbine leitete dann komprimierte Frischluft zur Vorderseite des Motors, wo ein Ladeluftkühler angebracht war, um diese abzukühlen. Nach der Abkühlung gelangte die komprimierte Luft dann in zwei Ansaugeinheiten, eine für jede Zylinderbank.
Verglichen mit dem recht einfach aufgebauten Cosworth DFV V8, den die meisten anderen Teams verwendeten, sah der neue Renault-Gordini-Motor recht kompliziert aus. Der kleine V6-Motor leistete am Ende der Prüfstandstests, die während des Jahres 1975 durchgeführt wurden, 502 PS bei 10.500 U/min. Außerdem leistete er 363 Nm Drehmoment, was schon in diesem frühen Entwicklungsstadium mit den Werten des DFV vergleichbar war. In Anspielung auf den wichtigen Geldgeber Elf wurde der neue Motor offiziell als Renault-Gordini ELF bezeichnet.
Während die Entwicklung des turboaufgeladenen Sportwagenmotors in der Öffentlichkeit viel Beachtung fand, wurde die Entwicklung eines Renault Grand-Prix-Motors lange unter Verschluss gehalten. Ein tatsächlicher Einstieg in die Formel 1 war keineswegs abgesegnet, und das Projekt diente zunächst vor allem dazu, die Tauglichkeit des Konzept zu belegen. Nachdem dies auf dem Gordini-Prüfstand gelungen war, musste ein Auto gebaut werden. Da Tyrrell mit der Entwicklung des sechsrädrigen P34 beschäftigt war, wurde Alpine mit dem Bau eines neuen Einsitzers beauftragt, der als Prüfstand für den Formel-1-Motor dienen sollte.
Der A500 wurde von André de Cortanze entworfen und wurde von Werksfahrer Jean-Pierre Jabouille unterstützt, der sich am Zeichenbrett ebenso geschickt erwies wie am Steuer eines Rennwagens. So entstand das erste Aluminium-Monocoque von Alpine. Die Aufhängung basierte auf der des bereits Sportwagen A442und das das Fünfgang-Getriebe kam vom Rennsportspezialisten Hewland.

Um das Projekt unter dem Radar zu halten, behauptete De Cortanze, der neue Alpine-Einsitzer sei ein Formel-2-Auto. Das rollende Labor war mattschwarz lackiert und trug keine Logos. Er wurde Anfang 1976 fertiggestellt und im März auf der Privatstrecke von Michelin erstmals getestet. Danach führt Jabouille ein umfangreiches Testprogramm auf verschiedenen französischen Rennstrecken und im spanischen Jarama durch.
Ein Großteil der Motorentwicklung konzentrierte sich auf den Ladeluftkühler und die Kühler, um die Temperaturen im Motor im Zaum zu halten. Der A500 war nicht nur ein Prüfstand für den Motor, er wurde auch umfangreichen Windkanaltests unterzogen. Auch wenn dies nicht unbedingt die ursprüngliche Absicht war, wurde der Wagen nach und nach zu einem echten Grand-Prix-Auto entwickelt.
Im Zuge der Weiterentwicklung des A500 wurden Alpine und Gordini fusioniert und firmierten nun unter dem Namen Renault Sport. Das A442-Programm hatte 1976 immer noch höchste Priorität und erforderte die Aufmerksamkeit. Der turbogeladene Sportwagen war zwar schnell, aber aunzuverlässig. 1976 qualifizierten sich die A442 mehrmals für die Pole Position, unter anderem in Le Mans, aber ein zweiter Platz in Monza und Dijon waren die besten Ergebnisse. Ab 1977 wurden die Autos nur noch in Le Mans eingesetzt.
In der Formel 1 ging die Arbeit von Renault Sport weiter. Da 1977 nur ein einziges Sportwagenrennen anstand, gab es genügend Ressourcen, um das Programm offiziell zu machen. Ende 1976 erfolgte die Bestätigung, aber Renault nahm bis zum zehnten Lauf der Weltmeisterschaft 1977 nicht an den Rennen teil. Die Entwicklung eines Autos von Grund auf mit einem brandneuen Motor und Chassis nahm zu viel Zeit in Anspruch. Schließlich gab der neue Wagen, nun Renault als RS01 bezeichnet, sein Debüt beim Großen Preis von Großbritannien.

Fotos: Alpine, Renault (3), enzo&ferdinand (2)/Text: rr, Alpine