
Der „Summer of Love“ 1967 in San Francisco war nicht nur ein gesellschaftliches Experiment, sondern auch eine Bühne für technische und gestalterische Experimente an Fahrzeugen. Künstler und Musiker der Gegenkultur verwandelten Automobile in mobile Leinwände, die mit neuen Drucktechniken, Farben und Mustern zu Manifesten einer Epoche wurden. Als sich 1967 im kalifornischen San Francisco die Hippie-Bewegung formierte, war die Gegenkultur längst mehr als nur Musik und Protest gegen den Vietnamkrieg. Der „Summer of Love“ markierte den Moment, in dem Kunst, Politik und Technik in einer bislang unbekannten Intensität verschmolzen.
Autos spielten dabei eine besondere Rolle: Sie wurden durch psychedelische Farbgestaltungen zu Ausdrucksformen einer Bewegung, die sich gegen Konventionen stellte und zugleich neue technische Wege beschritt. Die Einflüsse waren vielschichtig. Künstler kombinierten Jugendstilornamente mit Elementen aus Pop-Art, Comics sowie spirituellen Symbolen buddhistischer und indianischer Tradition. Grellbunte Farbexplosionen standen im Zentrum, inspiriert durch LSD-Vordenker Timothy Leary, die anarchisch-kreative Truppe der Merry Pranksters oder experimentelle Gruppen wie die SF Mime Troupe. Die psychedelische Kunst war dabei nicht nur plakativ, sondern auch ein Testfeld für neue Produktionstechniken.

Gerade in der Automobilwelt wurde dieser kreative Aufbruch sichtbar. Janis Joplins Porsche 356 gilt bis heute als Ikone: Mit fließenden Mustern und kontrastreichen Farben verwandelte sich das Fahrzeug in ein rollendes Kunstwerk. Auch John Lennons Rolls-Royce Phantom erfuhr eine komplette Metamorphose und wurde zum Symbol des Aufbruchs. Technisch interessant ist, dass die Umsetzung solcher Designs erst durch Verfahren wie den damals neu genutzten Siebdruck und verbesserte Offsetdrucktechniken möglich wurde. Sie erlaubten es, komplexe Motive und kräftige Farben dauerhaft auf Flächen zu übertragen – eine Technik, die später auch für Fahrzeuglackierungen neue Maßstäbe setzte.
Autos wurden so zum Medium einer Bewegung, die auch andere Lebensbereiche durchdrang. Kleidung, Plakate und Alltagsgegenstände spiegelten denselben Drang nach Experiment und Individualität wider. Doch hinter der bunten Oberfläche steckte mehr als ein ästhetisches Spiel: Die Kunst des „Summer of Love“ war eng verknüpft mit gesellschaftlichen Umbrüchen. Neben Musik und Drogen standen Forderungen nach Gleichberechtigung, insbesondere durch afroamerikanische und andere unterdrückte Minderheiten, im Zentrum.

Der Einfluss dieser Jahre reicht bis heute. In der Automobilkultur sind individuelle Lackierungen, künstlerisch gestaltete Oberflächen und die Verbindung von Technik und Kunst direkte Erben jener Epoche. Dass Fahrzeuge als Plattform für gesellschaftliche und politische Statements dienen können, zeigte sich erstmals in dieser Intensität 1967 – und wirkt bis in die Gegenwart, von Tuning-Szenen bis zu modernen Art Cars großer Hersteller.


Fotos: Porsche/Jeremy Cliff (2), Victor Moscoso (1). Fine Arts Museums of
San Francisco (2) Bill Ham (1)/Text: Rainer Roßbach