
Porsche kann 1968 nicht mit Motorleistung glänzen. Der Achtzylinder-Boxer, seit 1962 in allen Bergautos verwendet, geht auf den Formel-1-Motor von 1962 zurück, der konstruktiv in seiner Endphase angelangt ist. Der Zweiliter-Zweiventiler leistet mittlerweile standfeste 275 PS, damit ist aber das Ende der Fahnenstange erreicht. Zeit also, sich Gedanken darüber zu machen, wie dieses Manko ausglichen werden kann und die Antwort heißt: Leichtbau. Der Bergspyder mit der Entwicklungsnummer 909 soll die konstruktiven Grenzen neu ausloten.
Ferdinand Piëch ist 1968 Porsches Entwicklungschef für die Rennwagen und betreibt die Konstruktion des zierlichen Zweisitzers aus einer einfachen Sicht: Neben einem möglichst niedrigen Gewicht soll vor allem die Gewichtsverteilung und damit die Balance perfekt sein. Innoffiziell ist am Ende von 375 Kilogramm die Rede – sicher ist, dass durch Verwendung exotischer Materialien und mit der konsequenten Beschränkung auf das Wesentliche ein besonders gutes Kampfgewicht erreicht wird.
Die Reduzierung des Gewichts gegenüber dem 910 Spider um nahezu einen Zentner gelingt wiederum durch den schlauen Griff in die Materialkiste. Exotisches kommt wieder zum Einsatz: statt aus Kupfer sind die Kabel aus Silber und die Federn aus Titan statt aus Stahl gefertigt. Die Bremsscheiben hingegen bestehen aus dem besonders leichten Beryllium – einem giftigen Metall. Zum Schutz von Mechanikern und Fahrern müssen die Scheiben aufwändig verchromt werden. Das ist so teuer, dass man sich lediglich fünf davon leisten kann, die im Rennen nur für das schnellste Auto reichen.

Die Verwendung von Balsaholz für die Widerstände der Zündanlage entspricht da schon eher Porsche-Standards, genau wie die besonders dünne, fast durchsichtige Kunststoff-Karosserie aus hauseigener Produktion, die nur hauchdünn lackiert ist. Ein weiteres Kabinettstück ist der 14 Liter fassende Kugeltank aus Titan. Er besteht aus zwei zusammengeschweißten Hälften mit lediglich 0,8 Millimeter starken Wänden, in die eine Fußballblase gesteckt wird. In diese verblüffend simple Kombination aus Treibstoffbehälter und Benzinpumpe füllt man vor dem Start Sprit ein, der dann mit zehn Bar ordentlich unter Druck gesetzt wird. Die Gewichtersparnis allein hier beträgt 1,7 Kilogramm.
Neue Wege gehen die Konstrukteure auch bei der Gewichtsverteilung. Das Differenzial wird am Getriebeende platziert und deshalb kann der Achtzylinder-Boxer aus dem 907 weiter nach vorne rücken. Um eine möglichst gute Balance hinzubekommen, wandert nicht nur der Motor weit nach vorn, sondern gleich der Fahrer mit. Die Pedalerie sitzt jetzt vor der Vorderachse, nur geschützt durch den hauchdünnen Kunststoff der flachen Karosserie. Zur Erhöhung des Anpressdrucks der Antriebsräder in den Kurven dienen zwei unabhängig voneinander bewegliche, durch die Radfederung gesteuerte Spoiler.
Der 3448 mm kurze Spider kommt nur zweimal zum Einsatz. Gerhard Mitter fährt am Gaisberg im Training, entscheidet sich dann aber für den bewährten 910, mit dem er prompt siegt. Für Rolf Stommelen reicht es hier und am Mont Ventoux wegen Motorproblemen nur zu einem dritten und einem zweiten Platz. Danach ist die Karriere des 909 zu Ende.
Fotos: Rainer Roßbach/Text: Rainer Roßbach