Alfa Romeo Spider

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Der Alfa Romeo Spider ist das letzte Werk der Designerlegende Battista „Pinin“ Farina. Die Form zitiert mehrere Studien, die Farina bereits einige Jahre zuvor aus eigenem Antrieb entworfen hat. Grundzüge tauchen etwa schon beim „Coupé Super Flow Disco Volante“ von 1956, dem „Spider Super Sport“ von 1959 sowie dem „Spider speciale 2 posti aerodinamico“ von 1961 auf.

Weltpremiere feiert der Spider am 10. März 1966 auf dem Genfer Auto-Salon, wo das Design durchaus gespaltene Reaktionen hervorruft. Die einen loben die gelungenen Formen, den anderen sind die Formen zu feminin. Im Vergleich zum Vorgänger, dem Alfa Romeo Giulietta Spider, erscheint vielen die Form zu rund. Die Arbeiter in der Produktion geben dem neuen den Spitznamen „Osso di Sepia“, das ist die ovale, flache Rückenplatte des Tintenfischs.

Die Front ist extrem flach mit dem herzförmigen Scudetto im Zentrum, der seinerseits von kurzen geteilten Stoßstangen eingerahmt wird. Das Heck wiederholt die Grundform der Front. Seitlich sind die von einem dünnen Rahmen eingefasste Windschutzscheibe und die kleinen Dreiecksfenster kaum wahrnehmbar. Über die komplette Flanke verläuft dann eine breite Sicke, die, ebenso wie die Plexiglas-Abdeckungen der Scheinwerfer, aerodynamische Aufgaben erfüllt.

Der Spider mit dem inoffiziellen Namen „Duetto“ basiert auf dem verkürzten Chassis der Giulia (Baureihe 105). Der 1,6-Liter-Vierzylinder mit Motorblock und Zylinderkopf aus Leichtmetall, zwei obenliegenden Nockenwellen, halbkugelförmigen Brennräume, mit Natrium gefüllte Auslassventilen, fünffach gelagerter Kurbelwelle und zwei Flachstrom-Doppelvergaser überzeugt mit seiner fortschrittlichen Konstruktion. Er entwickelt 109 PS, die von einem Fünfgang-Getriebe auf die Hinterachse übertragen werden. Die vorderen Räder sind einzeln an Dreiecksquerlenkern aufgehängt, rundum sind Scheibenbremsen montiert, und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei beachtlichen 182 Stundenkilometer.

Das Abteil des in Deutschland bei Markteinführung 12.990 Mark teuren Alfa Romeo Spider bietet zwei Personen bequem Platz, Fußmatten aus Kunststoff und Sitzbezüge aus Kunstleder sind cabriogerecht pflegeleicht.

Das zeittypisch dünne Lenkrad gibt den Blick frei auf die zwei wichtigsten Instrumente – Drehzahlmesser und Tachometer. Im Zentrum des in Wagenfarbe lackierten Armaturenbretts sind chromumrahmte Uhren für Tankinhalt, Öldruck und Kühlwasser-temperatur eingelassen. Der Kofferraum ist trotz seines flachen Volumens geräumig, notfalls dient der Platz hinter den beiden Sitzen als zusätzlicher Stauraum.

Um die seit 1968 verschärften Abgasgesetze im US-Bundesstaat Kalifornien zu erfüllen, kommt der aus der Limousine Alfa Romeo 1750 stammende Vierzylinder mit auf 1.779 Kubikzentimeter vergrößertem Hubraum zum Einbau. Für Amerika wird das Triebwerk mit der mechanischen Spica-Einspritzung bestückt, in Europa tun es weiterhin die herkömmlichen Doppelvergaser. Die Leistung des „Veloce“ liegt mit 113 PS zwar nur geringfügig höher als beim Vorgänger mit 1,6 Liter Hubraum, verfügt aber über ein höheres Drehmoment und die Höchstgeschwindig-keit steigt auf 188 Stundenkilometer. Auch das Fahrwerk wird durch einen Stabilisator an der Hinterachse, leichten Modifikationen an Dämpfern und Abstimmungen und einen Bremskraft-regler verfeinert. Zudem kommen nun eine hydraulische Kupplungsbetätigung, Drehstromlichtmaschine, längere Hinterachsübersetzung (4,30:1 statt 4,56:1), ein Wischermotor mit zwei Geschwindigkeiten sowie ein einteiliger Schalthebel zum Einsatz, der Vibrationen reduzieren soll.
Mit dem größeren Motor steigt der Preis des Alfa Romeo Spider in Deutschland auf 13.575 Mark. Um breitere Käuferschichten anzusprechen runden die Mailänder 1968 mit dem Spider 1300 Junior die Baureihe nach unten ab. Hier steckt der bewährte 1,3-Liter-Vierzylinder unter der Haube, der sich nur im Hubraum vom 1600er Triebwerk unterscheidet. Mit 89 PS erfordert der kurzhubig ausgelegte Vierzylinder hohe Drehzahlen, erst ab 4.000 Touren legt er sich richtig ins Zeug.

Der mit 10.990 Mark im Vergleich zum Alfa Romeo Spider 1750 Veloce rund 2.500 Mark günstigere Preis geht einher mit in einer abgespeckten Ausstattung. So fallen die Scheinwerfer-Abdeckungen aus Plexiglas ebenso dem Rotstift zum Opfer wie der Stabilisator an der Hinterachse und einige Chromelemente und der Zigarettenanzünder. Außerdem wuird das Holz- durch ein Kunststoff-Lenkrad ersetzt.

Ende 1969 wird der Spider zum ersten Mal tiefgreifend überarbeitet. Auf dem Auto-Salon in Turin erlebte der Nachfolger seine Premiere. Markantester Unterschied ist der nun als sogenanntes „Fastback“ konventionell gestaltete Kofferraum – der als Duetto geborene Rundheck-Spider ist Geschichte.

Fotos © Alfa Romeo/Text: Rainer Roßbach