BRM P180

Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2018

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Maserati 250 F, Alfa Romeo 33/2 Stradale (1968)

Auf Maserati 250 F, hier ein Exemplar von 1954, wurde der Argentinier Juan Manuel Fangio 1957 Weltmeister. Sein Reihensechszylinder mit 2494 ccm Hubraum leistet 275 PS. Der Alfa Romeo 33/2 Stradale (1968) ist nicht für den Wettbewerb bestimmt, aber ein direkter Abkömmling des gleichnamigen Sportprototypen. Der Zweiliter-V8 des Gewinners des Publikumspreises leistet 230 PS, die Karosserie stammt von Franco Scaglione.

Hollywood hieß die Gäste beim traditionsreichen Concorso d’Eleganza der Villa d’Este willkommen: Nobelkarossen aus Filmklassikern und von Akteuren aus der großen Zeit des Kinos gaben sich ein Stelldichein. Etwa Peter Sellers Ferrari Superfast, der Aston Martin DB5 von James Bond oder ein von Ghia eingekleidetes Cadillac Coupé, dass Rita Hayworth als Angebinde anlässlich der Scheidung von Prinz Ali Khan überreicht wurde. Vor allem dieser von Ghia maßgeschneiderte Series-62-Zweisitzer aus dem Jahr 1953 überzeugte mit glamourösem Stil.

Ein Wagnis hingegen war, historische Formel-1-Monoposti einzuladen, da diese ja üblicherweise jenseits aller Kriterien entstehen, die Stil und Eleganz in den Vordergrund stellen. Während allerdings der älteste, ein Maserati 250 F von 1954, sein Kleid noch in Handarbeit vom Edelhandwerker Medardo Fantuzzi angelegt bekam, zeigten die jüngsten Exemplare, ein Alfa Romeo 182 von 1982 sowie der McLaren MP4/2B des Jahres 1985, schon die Tendenz zur Uniform, die die aktuelle Formel 1 so banal macht.

Zwischendrin aber, in den goldenen und gefährlichen 1970ern, war alles an Experiment möglich, was besonders der sechsrädrige Tyrrell P34 des Jahres 1977 zum Ausdruck brachte.

Zwischen diesen Polen tummelte sich mehr Bemerkenswertes: ein Abarth Sport 2000 SE 010 „Quattro Fari“, mit dem der legendäre Rallyepilot Sandro Munari 1971 die Tour de Belgique, einen Wettbewerb im Stil der Tour de France d’Automobile, bestritt. Zusatzscheinwerfer, Beifahrersitz, Nummernschild und Tripmaster inklusive. Oder der berückende Alfa 33/2 Stradale aus dem Jahr 1968 – ein direkter Abkömmling des Rennsportprototypen 33/2, mit dem die Mailänder ab 1967 die Sportwagenweltmeisterschaft ins Visier nahmen und dessen Sound aus dem nur wenig gedämpften Zweiliter-V8 überaus prächtig klingt.

Lancia Stratos, 1970

Der Lancia Stratos von 1970 hat bis heute nichts von seiner Radikalität eingebüsst. Obwohl nur mit dem 1,6-Liter-V4 des Fulvia-HF-Coupés bestückt, klingt der Bertone-Entwurf spektakulär.

Einzigartig auch der extreme und nur einen Meter hohe Keil Lancia Stratos von 1970, der hier seinen allerersten Auftritt bei einem Concours hatte. Seine Linienführung inspirierte später die von Lamborghinis Countach und seine Weiterentwicklung dominierte einige Jahre lang die Rallyeweltmeisterschaft.

Und sonst noch? Eine von Scaglietti wundervoll in Ferrari-Manier verpackte 1959er Corvette, der hübsche, wenn auch überestaurierte kleine Isotta Fraschini Fenc von 1909 oder auch der wundervolle stromlinenförmige Art-Deko-Lancia Astura aus der Feder von Battista „Pinin“ Farina. Und natürlich die Bugattis. Besonders attraktiv waren der kraftvolle 59er auf filigranen Speichrädern mit Kompressor-Reihenachtzylinder und das Atalante Coupé, vom begnadeten Jean Bugatti gezeichnet.

Apropos Battista Farina. Der gestaltete 1954 auf Wunsch des amerikanischen Exoten-Importeurs Max Hoffmann einen Jaguar XK 120 zum absoluten Einzelstück – und auch ein Motorrad verdient besondere Erwähnung: die futuristische und avantgardistische Motor Major, 1948 in Frankreich gebaut, gewann verdient den Motorradwettbewerb.

Publikums-Magnet Formel 1: Hier wird der 540 PS starke Zwölfzylinder des Alfa Romeo 182 angeheizt. Tyrells avantgardistischer P34 (1977) war schnell und scheiterte nur daran, dass die Reifenhersteller kein großes Engagement bei der Entwicklung der Vorderräder zeigten. Beim BRM P180 hingegen folgt die Linie der Funktion und zeigt, dass Eleganz auch bei  reinen Zweckbauten wie einem Formel 1 entsteht. Der Lotus 21 mit einem 1499 ccm großem Coventry-Climax-Vierzylinder-Reihenmotor und 165 PS Leistung hingegen ist der klassische und puristische Sechziger-Jahre-Einbaum.

1969 entwickelt Abarth den 2000 Sport SE 010. Angetrieben wird er von einem Reihenvierzylinder-Heckmotor mit 1946 ccm Hubraum und 250 PS Leistung. Der in 46 Exemplaren gebaute Sportwagen feiert Erfolge auf der Rundstrecke und bei der Bergeuropameisterschaft. 1971 steht ein besonderer Einsatz im Programm. Die Tour de Belgique im Stil der Tour de France ist Teil der Rallyeeuropameisterschaft. Für Rallyepilot Sandro Munari wird der Zweiliter zulassungstauglich gemacht, da die Transferetappen auf öffentlichen Straßen .stattfinden.

Große Pracht in Aubergine: Rita Hayworths 1953er Cadillac Series 62 aus dem Haus Ghia. Bertone-Klassiker hingegen sind der Lamborghini Miura P 400 SV (1971) mit quer eingebautem V12 und das Luxus-Coupé ISO Grifo GL mit amerikanischem V8 von 1967. Der grüne Fiat 8V (1996 ccm, V8, 105 PS, 1954), hier im Werkskleid, sollte Maserati und herausfordern, während Karosseriebauer Scaglietti 1959 ein Chevrolet Corvette Coupé in ein klassisches Ferrarioutfit kleidete.

Fiats 8V fand regen Zuspruch bei den zeitgenössischen Designern. Dieses 1953er Exemplar wurde von Vignale gezeichnet. Klein begonnen hat die italienische Luxusmarke Isotta Fraschini: Der Fenc von 1909  hat einen Hubraum 1327 ccm und leistet 17 PS. Elegant in Art Deco gewandet ist Pinin Farinas Lancia Astura Serie III mit Dreiliter-V8 aus dem jahr1936. Porsches 718/2-Formel-2-Rennwagen hingegen gewann 1960 die Europameisterschaft. Porschetypisch sorgt ein 1,5-Liter-Vierzylinder-Boxer mit 150 PS für den Vortrieb.

Der 1937er Bugatti 57 Atalante ist wohl eins der elegantesten Autos aus der Manufaktur im elsässischen Molsheim. Ein typisch Englisches Renneisen hingegen ist der Lagonda LG45 Rapide (1936) mit 4453 ccm-Reihensechszylinder und 145 PS. Energiegeladen gibt sich der Bugatti 59 mit 3257-ccm-Kompressor-Reihenachtzylinder und 250 PS (1934), während der 1955er Ferrari 750 Monza ganz untypisch auf einen Reihenvierzylinder mit 2995 ccm, 260 PS und auf hohes Drehmoment setzt.

Fiat-Boss Gianni Agnelli fuhr 1958 mit dem 500 Spiaggia die Reichen und die Schönen zum Baden. Die Karosserie baute Boano. Auch der amerikanische Sportwagenimporteur Max Hoffmann liebte Unikate. In den 1950er Jahren veranlasste der Amerikaner den Bau einer Reihe von Exoten, darunter auch den dieses 1954er Jaguar XK 120 SE Fixed head Coupé von Pinin Farina. 2018 entstand auf Initiative des Schweizer Importeurs Loris Kessel der Ferrari SP 38. nach einem Entwurf von Flavio Manzoni. Verdienter Sieger bei den Motorrädern, weil unübertroffen elegant: Moto Major mit 347-ccm-Einzylindermotor aus Frankreich (1948).

Text und Fotos: Rainer Roßbach