Porsche 909 Bergspyder, 1968

Festival of Speed Goodwood 2019

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BMW M4 DTM, 2019

Porsches ultimativer 917 blickte auf ein halbes Jahrhundert zurück, der legendäre Bergspyder 909 ist zurück auf der Piste und Mercedes-Benz feierte das 125-jährige Jubiläum seiner Motorsportaktivitäten. Aber auch andere hatten Grund dazu: Headliner Aston Martin bestritt vor 70 Jahren erstmals ein Rennen in Goodwood, Ferraris Pferdchen ist jetzt 90 Jahre alt und der siebenmalige Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher ist 50. Auch Jackie Stewart beging den 50sten Jahrestag seines ersten Weltmeistertitels, Bentley ist nun 100, genauso wie der traditionsreiche italienische Karosseriebauer Zagato.

Porsche 917 / 1970

Porsche 917 K “Kurzheck”, #015 und #034, 1969

Nicht weniger als zwölf 917er kamen nach Goodwood, um den 50sten der Stuttgarter Ikone zu begehen. Darunter drei Kurze im legendären Gulf-Lack, das ikonische Martini-Le-Mans-Langheck von 1971, Jo Sifferts CanAm-PA von 1969 oder Chassis-Nummer 002, welches vom Werk für Aerodynamik-Test eingesetzt wurde und das mehr als 30 Jahre lang in Einzelteilen in Willy Kauhsens Garage lag. Und natürlich einer von den zwei straßenzugelassenen Siebzehnern, ehemals im Besitz des Martini-Eigners Conte Rossi.

Jochen Mass, Mercedes W 165 „Tripolis“

Jochen Mass im Mercedes-Benz W 165 aus dem Jahr 1939, mit dem Herrmann Lang den Gran Premio di Tripoli gewann.

Auch Mercedes feierte in Goodwood und Anlass war, dass die Marke seit 125 Jahren erfolgreich Motorsport betreibt. Besonderes Highlight der Präsentation war der wiedererstandene Avus-Rennwagen von 1932 mit einer Stromlinienkarosserie nach Patenten des Aerodynamikers Reinhard von Koenig-Fachsenfeld. Der Wagen auf Basis des SSKL war ein Zukunftssignal: Wenige Jahre später waren Stromlinienkarosserien wichtige Voraussetzung für Rennsiege und Rekorde. Revolutionär war auch der Baby-Silberpfeil W 165 “Tripolis” mit 1,5-Liter-Achtzylinder von 1939, der in nur acht Monaten entstand und den großen Preis von Tripolis im gleichen Jahr gewann.

Darüberhinaus gab es im Daimler-Paddock weitere Legenden zu bewundern. So etwa einen Mercedes-Benz 300 SLR, einen 190 E 2.5-16 Evolution II für die DTM oder, für die Nachfolgeserie, einen Mercedes-AMG C 63 DTM. Die erfolgreiche Historie reflektierten außerdem ein 750-Kilogramm-Rennwagen W 25 von 1934 und der Sauber-Mercedes C 9 von 1987.

Auch dieses Jubiläum verdient erwähnt zu werden: Vor 40 Jahren, am 1. Juli 1979, gewann Renault den Großen Preis von Frankreich in Dijon und errang damit gleichzeitig den ersten Sieg eines 1,5-Liter-Turbo in der Formel 1. Zudem war der Triumph von Jean-Pierre Jabouille gleichzeitig auch der erste Sieg des Renault-Werksteams in der Königsklasse. 

Sehr speziell war das Jubiläum von Aston Martin. Vor 70 Jahren bestritt ein Auto der Marke erstmals ein Rennen in Goodwood. Der wahre Triumph aber war 1959 der Doppelsieg bei den 24 Stunden von Le Mans und diesem war auch die Skulptur vor dem “House” gewidmet. Auf dieser thronte der Siegerwagen DBR1.

Wirklich außergewöhnlich aber war das Zusammentreffen der selten gezeigten drei Projektwagen DP212 (1962), DP214 (1963) und DP215, die mit optimierter Aerodynamik in der Folge gleichfalls am französischen Klassiker teilnahmen. Der 1963er DP215, wie die anderen auf einem DB4GT-Chassis, war der letzte auf Veranlassung von Aston-Martin-Rennleiter John Wyer gebaute Wagen. Der DP215 wurde in nur zwei Monate fertig gestellt und kam unter Phil Hill und Lucien Bianchi in Le Mans zum Einsatz.

Mit dem Ferrari F2004 gewann Michael Schumacher 2004 15 von 20 Grand-Prix-Rennen.

Ferrari feierte dieses Jahr auch, und zwar den 90sten Jahrestag des legendären “cavallino rampante”, das zuerst in den 1930er Jahren auf den Rennwagen von Alfa Romeo auftauchte und den Beginn der epischen Geschichte markiert. Zudem wurde Ferraris Formel-1-Rekordmann Michael Schumacher 50. Dementsprechend hatten sowohl die Scuderia wie auch eine Reihe privater Sammler Rennmaschinen nach Goodwood gebracht, die einerseits die Geschichte der Scuderia reflektierten und andererseits die phänomenale Karriere des Kerpeners beleuchteten. Als Beispiel mag hier der Ferrari F2004 dienen, mit dem Schumacher 2004 15 von 20 Rennen gewann und der als der erfolgreichste Monoposto der Firmengeschichte gilt. Aber auch weniger erfolgreiche, nichtsdestoweniger trotzdem faszinierende Gefährte wie der Prototyp Ferrari 312 aus dem Jahr 1969 oder etwa der Monoposto 412 T2 aus dem Jahr 1995 unterstrichen die einzigartige Stellung der Italiener in der Geschichte des Motorsports.

Matra MS 80, Tyrell 001, Tyrell 006

Matra-Ford MS 80 von 1969, Tyrell-Ford 003 von 1971 und Tyrell-Ford 006 von 1973.

Auch der erste Weltmeister-Titel Jackie Stewarts vor 50 Jahren war Anlass für ein einzigartiges Familientreffen. Während der Schotte im 1969er Matra-Cosworth MS80 den Berg in Angriff nahm, folgten ihm seine Söhne Paul und Mark in den Tyrells, mit denen ihr Vater seinen zweiten und dritten Titel gewann.

Überhaupt war Vielfalt bei den Einsitzern angesagt. Neben absoluten Exoten, wie dem de Tomaso-Alfa-Romeo von 1961 oder dem de-Tomaso F1-1970 war etwa der March-Erstling 701 von 1970, gefahren von Werksfpilot Chris Amon besonders faszinierend, da er noch die Patina der Saison trug. Indianapolis-Maschinen waren auch am Start: so etwa der Lola-Ford T90 „Bowes Seal Fast Special“ mit 4,2-Liter-V8, mit dem Graham Hill 1966 gewann sowie der Lotus-Ford 38, mit dem er im folgenden Jahr die 500 Meilen in Angriff nahm.

Ein große Bandbreite gab es gleichfalls bei den zweisitzigen Sportwagen und Prototypen. Neben Dampfhämmern wie dem Bentley “Barnato Hassan Special” von 1933 oder dem Bentley “Birkin Single Seater” von 1929 waren auch grazilere Gefährte auf der Strecke. Etwa der Cisitalia 202 Mille Miglia, mit dem Tazio Nuvolari 1947 Gesamtzweiter beim italienischen Straßenrennen wurde oder aber der grazile und Marcos-typisch auf einem Holzrahmen aufbauende Xylon von 1960. Ein besonderer Exot aus europäischer Sicht war der Penske Zerex Special von 1962 mit Coventry Climax-Motor. Exotisch können Europäer und Japaner aber auch: belegt durch einen March-Mazda von 1984 mit Wankel-Turbolader, dem Abarth SE027 von 1974 mit Pininfarina-Karosserie, der nie ein Rennen bestritt oder aber dem Aston Martin Nimrod C28, der 1982 Dritter in der Weltmeisterschaft wurde.

Traditionell haben auch Rekordwagen, speziell solche aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg beim Festival of Speed einen festen Platz. Der Fiat S76 von 1911 und der Thomas Special „Babs“ von 1926 sind mittlerweile Stammgäste. Der technisch anspruchsvolle Avions Voisin LSR markierte1927 einen Rekord über 5000 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 181,7 km/h. Die Bestmarke des Hotchkiss AM 80 1930 war dagegen von ganz anderem Kaliber. 1930 legte er 40.000 km in nur 16 Tagen zurück. Da ist der absolute Rekord des VW ID.R, 2018 am amerikanischen Pikes Peak aufgestellt, schneller erzielt worden. Nur 7:57,148 Minuten benötigte der Elektro-Renner, um die 19,99 Kilometer lange Rennstrecke mit ihren insgesamt 156 Kurven zu bewältigen.

Spannend war die Besetzung auch bei den Rallyeautos. Dass Boliden wie der Audi Sport-Quattro S1 von 1984 oder der letztjährige Citroёn C3 WRC, 2018 einen Stammplatz haben, ist selbstverständlich. Exotischer sind Wagen wie ein Austin Maxi, 1970 Teilnehmer der London-Mexico-Rallye, oder der Peugeot 504 Pickup, dessen beste Platzierung der fünfte Platz bei der 1984er Ausgabe der Rallye Elfenbeinküste war. Schön auch der spartanische Mitsubishi Colt Lancer 1600 GSR, mit dem der Kenianer Joginder Singh1974 eine seiner drei East African Safari Rallye gewinnen konnte.

Der Concour “Cartier Style et Luxe” hingegen präsentiert nicht weniger als sieben Karossen des französischen Avantgardisten Gabriel Voisin, umrahmt von diversen Bugatti wie dem Type 57 S Atlantic von 1936, VWs legendären Bullis, einigen von Zagatos spektakulärsten Schöpfungen und diversen Kreationen von Abarth mit dem herausragenden Sperimentale „Goccia” von Vignale – einem Auto, das selbst Carlo Abarth zu radikal war.

Video: Rainer Roßbach / Fotos: Rainer Roßbach / Text: Rainer Roßbach