McLaren Speedtail

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McLaren Speedtail

McLaren-Sportwagen sind spektakulär langweilig: aufregend im Design zwar, aber  alle nahezu gleich. Nun also der Speedtail. Plakativ anders als der Rest, und der Tradition des McLaren F1 verpflichtet, der von 1993 bis 1997 gebaut wurde. In den Analen dieses legendär fahrerorientierten Dreisitzers mit BMW-V12-Motor steht sogar ein Sieg bei der 1995er Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans.

Dieser Traditionslinie also folgt der Speedtail, wenngleich auch hier das Design eine Wiederholung ist. Es lohnt der Blick auf den Jaguar-Supersportwagen XJ220 der Jahre 1992 bis 1994 – alles schon mal dagewesen, einschließlich des über einen Meter langen Hecküberhangs.

Technisch allerdings ist der neue McLaren ganz vorne dabei. Sein Hybridantrieb leistet 1.050 PS und soll die Aerodynamik-Flunder mehr als 400 Stundenkilometer schnell machen. 12,8 Sekunden reichen, um auf Tempo 300 zu kommen.

McLaren Speedtail

Zuallererst aber ist der Speedtail ein Technologieträger. Abgedeckte Vorderräder, biegsame Karbon-Spoiler am Heck, neue Karbon-Hightech-Materialien und nahtlos versenkbare Außenspiegel-Kameras zeigen, was künftig bei Supersportwagen zu erwarten ist. Es geht aber nicht nur um Höchstleistung. Der Speedtail soll auch problemlos im Alltag funktionieren, wenngleich zwei Stauräume mit insgesamt 160 Litern Inhalt das nicht nahelegen. Aber geschenkt, das sind Petitessen.

Interessanter ist ein Blick auf die Technologie: wie gesagt sorgen Karbonabdeckungen der Vorderräder dafür, dass die Luft nicht verwirbelt. Die flexiblen Ruder am Heck sind nicht per Gelenk oder Scharnier fixiert, sondern werden einfach nach oben gebogen und arbeiten vollautomatisch und synchron. Mittels des „Velocity-Modus“ kann die Karosserie um 3,5 Zentimeter abgesenkt werden.  Auch hat der Speedtail keine Außenspiegel, sondern kleine ausfahrbare HD-Kameras.  

Die Karosserie und das Monocoque des 1.430 Kilogramm leichten Speedtail bestehen vollständig aus Kohlefaser, unter anderem aus neuartigen Materialien wie „Titanium Deposition Carbon Fibre“ und TPT (Thin-Ply Technology Carbon Fibre). Erstes besteht aus einer wenige Mikrometer dünnen Titan-Schicht, die mit einer Karbon-Oberfläche verschmolzen wird. Neben einer erhöhten Steifigkeit entsteht auch ein interessanter optischer Effekt, denn das Titan verleiht dem Karbon eine silbrige Oberfläche, welche die Struktur des Karbongewebes durchscheinen lässt. Bei TPT hingegen werden viele 30 Mikrometer dünne Schichten um 45 Grad versetzt übereinander gelegt, sodaß eine Oberfläche entsteht, die ein wenig an fließendes Wasser erinnern soll. 

McLaren Speedtail

Unter den schmalen Front-LEDs liegen Lufteinlässe, die sich nach hinten verjüngen und ein Niedrigtemperatur-Kühlsystem mit Luft versorgen. Zusätzliche Kühlluft gelangt über Einlässe oberhalb der hinteren Radhäuser zum Antrieb, um diesen mittels eines Hochtemperatur-Kühlsystems zu befächern. Große Auslässe unter dem Heck führen die Abluft verwirbelungsfrei zurück nach draußen. In diesen sind, fast unsichtbar, die Endrohre untergebracht. 

Der Einstieg zur Kabine erfolgt für die drei Insassen über große, nach vorn öffnende Schmetterlings-Türen, die weit ins Dach hineinreichen. Die Dachsegmente der Türen bestehen aus elektrochromem Glas, dass sich in seiner Lichtdurchlässigkeit den Außenbedingungen anpasst. In der Mitte sitzt der Fahrer, rechts und links von ihm nach hinten versetzt sitzen – á la McLaren F1 –  beide Beifahrer. Deren Sitze sind ins Monocoque integriert, der aus Kohlefaser gefertigte Fahrersitz läßt sich dagegen mechanisch verstellen. 

Vor dem Fahrer liegt im Zentrum ein Instrumenten-Bildschirm, rechts und links davon zusätzliche Anzeigen für die Beifahrer. Es gibt keine Mittelkonsole, die wenigen Bedienknöpfe befinden sich vorne im Dach. 

106 Exemplare werden gebaut und sind schon verkauft. Die Produktion startet 2019 und ab dem nächsten Jahr erfolgt die Auslieferung. Als Preis werde 1,75 Millionen britische Pfund zuzüglich Steuer kolportiert. 

Fotos: McLaren/Text: Rainer Roßbach