Rolls Royce Spectre

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Im Jahr 2011 stellte Rolls-Royce ein vollelektrisches Phantom-Konzept mit dem Namen 102EX vor, bald darauf folgte  der 103EX. Diese Experimentalfahrzeuge sollten beweisen, dass  ein elektrischer Antriebsstrang perfekt zur Marke passen würde. Das Coupé Spectre, dass sich aktuell in der Erprobung an der Côte d’Azur in Südfrankreich befindet, soll das Versprechen eingelösen. Das dieses neue Wege geht, liegt nicht nur an seinem vollelektrischen Antriebsstrang, sondern auch an seiner Rechenleistung und dem Einsatz fortschrittlicher Datenverarbeitungstechnologien.

Das Coupé ist der am stärksten vernetzte Rolls-Royce aller Zeiten. Er verfügt über 141.200 Sender-Empfänger-Beziehungen und hat mehr als 1.000 Funktionen und mehr als 25.000 Unterfunktionen. Das sind etwa dreimal so viele Sender-Empfänger-Signale wie in einem typischen Rolls-Royce. Die gesteigerte Intelligenz der elektronischen und elektrischen Antriebsstrangarchitektur ermöglicht einen freien und direkten Austausch detaillierter Informationen zwischen diesen Funktionen bei minimaler zentraler Verarbeitung. Um das Potenzial dieser Technologie zu erschließen, haben die Softwareentwickler von Rolls-Royce eine dezentrale Intelligenz entwickelt. Diese basiert darauf, dass die Daten näher an der Quelle verarbeitet werden, anstatt sie in ihrer Gesamtheit von einer einzigen zentralen Verarbeitungseinheit bearbeiten zu lassen.

Durch das Senden von komplexeren Datenpaketen – die nicht nur eine Variable beschreiben, sondern auch eine Antwort vorschlagen – ist die Reaktionszeit des Fahrzeugs wesentlich schneller und genauer. Das Auto muss auf Hunderttausende von möglichen Szenarien reagieren können. Im Rahmen des Testprogramms entwickeln die Rolls-Royce.Ingenieure für jede der mehr als 25.000 Funktionen ein eigenes Steuergerät, das je nach Wetterlage, Fahrerverhalten, Fahrzeugzustand und Straßenbedingungen unterschiedliche Reaktionen ermöglicht. Mit dieser neuen Rechenleistung schaffen die Ingenieure  einen extrem hohen Grad an Detailgenauigkeit und bewahren so die Finesse der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. 

Auch die neuentwickelte Aufhängungstechnologie garantiert den Rolls-Royce typischen ‘magischen Teppich’. Das hochentwickelte elektronische Wankstabilisierungssystem verwendet eine Reihe neuer Hardwarekomponenten und nutzt die Hochgeschwindigkeitsverarbeitungsfähigkeiten des Spectre. Es nutzt die Daten des Fahrzeugs, um die Fahrbahnoberfläche vor dem Fahrzeug zu erkennen und das Satellitennavigationssystems, um auf bevorstehende Kurven zu reagieren. Auf geraden Straßen kann das System automatisch die Stabilisatoren entkoppeln, so dass jedes Rad unabhängig agieren kann. Dadurch wird das Aufschaukeln verhindert, das auftritt, wenn eine Seite des Fahrzeugs auf eine Unebenheit der Straße trifft. Dadurch wird auch die Reaktion auf hochfrequente Fahrbahnunebenheiten deutlich verbessert.

Sobald die Systeme erkennen, dass eine Kurve unmittelbar voraus liegt, werden die Komponenten neu gekoppelt, die Federungsdämpfer versteifen sich und die Vierradlenkung bereitet sich auf die Aktivierung vor. Bei Kurvenfahrten werden mehr als 18 Sensoren überwacht und die Parameter für Lenkung, Bremsen, Kraftübertragung und Federung entsprechend angepasst, damit der Spectre stabil und komfortabel bleibt.

Eine Vollaluminium-Spaceframe-Architektur wird durch Stahlteile verstärkt, die für eine besonders hohe Torsionssteifigkeit sorgen. Die Basisstruktur wird mit großen Aluminium-Karosserieteilen kombiniert. So ist etwa die einteilige Seitenwand, die sich von der Vorderseite der A-Säule bis hinter die Rückleuchten erstreckt, ist mit einer Länge von fast vier Metern das größte jemals von Rolls-Royce produzierte Tiefziehteil. Ebenso sind die säulenlosen Karosserietüren mit einer Länge von fast 1,5 Metern die längsten in der Geschichte von Rolls-Royce.

Die Steifigkeit wurde insgesamt nochmals um 30 Prozent erhöht, auch dadurch, dass die extrem steife Struktur der Batterie selbst in das Spaceframe integriert wurde. Auch die Aerodynamik ist auf absolutem Spitzenniveau: ein Luftwiderstandsbeiwert von 0,25 macht den Spectre zum aerodynamischsten Rolls-Royce aller Zeiten

Die Entwicklung des Spectre ist aktuell zu etwa 40 Prozent abgeschlossen.

Fotos: Rolls Royce/Text: Rainer Roßbach