Porsche 910/8 Bergspyder (1967)

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Der neu entwickelte Typ 910 markiert einen Wendepunkt: Er ist das erste reine Wettbewerbsfahrzeug von Porsche. Bislang haben die Stuttgarter ihre Wettbewerbsfahrzeuge als „Produktions-Rennwagen“ konzipiert, die in kleinen Serien gebaut wurden und noch für die Straße zugelassen werden können. Das neue Gitterrohrrahmencoupé mit auflaminierter Kunsstoffkarosserie bricht mit dieser Tradition und ist der erste reinblütige Rennsportprototyp, der zunächst für Werkseinsätze gebaut wird und erst dann als „Gebrauchter“ nach zwei oder drei Rennen in die Hand von Kunden gelangt.

Technisch ist das 600 Kilogramm schwere Coupé ein Abkömmling des 906. Rohrrahmen, Motoren, Getriebe sind in früheren Ausbaustufen schon im Carrera 6 zum Einsatz gekommen, der Unterschied liegt unter anderem in den neuen Radaufhängungen, die dem damaligen Formel-1-Muster folgen. Eine bemerkenswert Innovationen ist der Wechsel auf das Monoposto-Reifenformat 13 Zoll, um die Boxenstopps zu optimieren. Der Wagen erhält zudem statt der bisher verwendeten Radmuttern einen Leichtmetall-Zentralverschluß mit Mitnehmerfinger.

Ab dem 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring am 28. Mai 1967 hat der 910 als erstes Fahrzeug überhaupt innenbelüftete Bremsscheiben vorne. Er begründet die Tradition von Porsche, dass alle Fahrzeuge in der Bremsleistung der Konkurrenz überlegen sind und sich auch daduch den Vorsprung auf der Rennstrecke sichern. Schnellwechselbremsen, bei denen der Belag nach Umklappen eines einzelnen Federstegs gewechselt werden kann, kommen im Laufe des Jahres 1967 dazu.

Das sind gute Voraussetzungen für die klassische Langstrecke, aber für den Berg muss ein anderes Konzept her: leichte und gut ausbalancierte Rennwagen, die schnell um die Kurven kommen. Deshalb baut Porsche für die Bergsaison einen neuen Bergspyder, den 910/8. Dafür wird das Coupé total gestrippt. Das Dach verschwindet ebenso wie die Türen, der Gitterrohrrahmen besteht aus Aluminium, und die Windschutzscheibe wird bis auf einen kleinen Schild gestutzt. Überdies erhält der 910/8 einen kleinen Benzintank von nur 15 Litern Fassungsvermögen. Damit ist der Bergrennwagen 100 Kilogramm leichter als das Coupé.

Später werden die untere Seite der Karosserie bis auf die Höhe der Radnaben zurückgeschnitten und das Heck soweit reduziert, dass die Technik offen liegt. Exotisches Material kommt zum Einsatz: Beryllium für die Bremsscheiben, Titan für die Bremssättel und eine Batterie aus Silber. Auf eine Lichtmaschine wird ganz verzichtet, und bewegliche Spoiler am Heck erhöhen den Anpressdruck der Antriebsräder. Am Ende wiegt der 910/8 nur noch etwa 410 Kilogramm und ist nahezu unschlagbar – Gerhard Mitter wird 1967 und 1968 Europabergmeister.

Fotos: Porsche/Text: Rainer Roßbach