Aston Martin Valhalla

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Lange hat sich beim 2021 vorgestellten englischen Sportwagen-Projekt wenig bewegt, nun aber kommt neue Dynamik in die Sache: Das Aston Martin Aramco Cognizant Formula One Team (AMF1) stellt seine Expertise an rennerprobten Methoden und Technologien für die Entwicklung neuer Modelle zur Verfügung. Davon wird auch der erste Aston Martin mit Mittelmotor profitieren. Der Zugang zu den Fähigkeiten und dem Wissen eines Formel 1-Teams, dessen Ingenieure ständig an die Grenzen gehen, resultiert in neuartigen Problemlösungen für die Entwicklung von Straßenfahrzeugen.

Der Aston Martin Valhalla wird fahrerorientiert, mit einer punktgenauen Dynamik. Die Konstruktionen für die Formel 1 stützen sich in hohem Maße auf Simulationswerkzeuge. 90 Prozent der dynamischen Eigenschaften und der Fahrzeugabstimmung des Valhalla wurden im Simulator fertiggestellt, während die Expertise von Fahrern wie Lance Stroll und Fernando Alonso die Fahrzeugdynamik auf ein neues Niveau heben, weil sie das Auto bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bringen können.

Die Ergonomie des Cockpits wird dem Fahrer eine Kontrolle auf Rennwagenniveau zu bieten und so den Fahrspaß maximieren. Die Fersen des Fahrers ruhen auf einem erhöhten Zwischenboden, der auch elektronische Module enthält, und der Kohlefaser-Schalensitz kann in einem größeren Winkel geneigt werden, um eine Sitzposition zu erreichen, die der des AMR23-Rennwagens ähnlich ist, aber den Straßenkomfort nicht beeinträchtigt. 

Der Unterboden des Valhalla entwickelt einen hohen Abtrieb und demonstriert, welche F1-Technologie in den Wagen eingeflossen ist. Alle Elemente des Karosseriekörpers werden genutzt, um Abtrieb zu erzeugen und den Luftwiderstand zu minimieren. Da es keine Beschränkung durch Regeln gibt, profitiert der Valhalla von umfassenden aktiven aerodynamischen Systemen sowohl an der Front als auch am Heck des Fahrzeugs, die bei 240 km/h mehr als 600 kg Abtrieb erzeugen. Der Anpressdruck passt sich sowohl vorne vorne wie auch hinten ständig an, um Grip, Balance und Konsistenz zu maximieren oder den Luftwiderstand zu reduzieren.

An Front und Heck kommen Multielement-Flügel zum Einsatz. Der Frontflügel kann in einer DRS-Position flach liegen, um den Luftwiderstand zu reduzieren, oder er kann nach oben geneigt werden, um direkt vor den Vorderrädern Abtrieb zu erzeugen. Hinter dem Frontsplitter ist die Unterbodenfläche konkav, wodurch ein Unterdruckbereich entsteht, der Abtrieb erzeugt. Auch diese Funktion kann als Teil der aktiven Algorithmen des Fahrzeugs gesteuert werden.

Der Multielement-Heckflügel liegt flach und erzeugt bei minimalem Luftwiderstand ein Basisniveau an Abtrieb. Im Track-Modus wird der Flügel für die maximale Wirksamkeit hoch in den Luftstrom gehoben. Das Auto steuert dann aktiv den Anstellwinkel des Flügels, um ein ständiges Gleichgewicht zwischen maximalem Anpressdruck und DRS herzustellen.

Inspiriert von Aerodynamikelementen der Formel 1 fungieren kleine geschlitzte Lamellen am Schweller kurz vor dem Hinterrad als Mini-Diffusoren, die den Luftstrom unter dem Auto nach oben ableiten und so den Abtrieb erhöhen. Eine auf dem Dach montierte Lufthutze versorgt sowohl den Motoreinlass als auch die Kühlkanäle für die Ladeluftkühler und die Kühlung des Motors. Wie in der Formel 1 wurden an einem maßstabsgetreuen Modell und einem fahrenden Straßenwindkanal Prozesse bezüglich der Einstellung der Fahrhöhe, den Auswirkungen von Gieren, Rollen und Nicken oder der Lenkung untersucht.

Die Karosserie-Struktur des Valhalla besteht aus Karbon mit dem Fokus auf maximaler Steifigkeit bei minimalem Gewicht und ist  das Produkt modernster Verbundstofftechnologie. Es handelt sich um eine komplexe Mischung aus Fasermaterialien, die mit einer neuartigen Technologie hergestellt wurden, die für Aston Martin entwickelt wurde. Sie kombiniert ein Resin-Transfer-Moulding-Verfahren (RTM) mit der F1-typischen Autoklavtechnologie und bietet im Ergebnis eine steife, starke und leichte Fahrgastzelle.

Der Valhalla steht für Aston Martins Übergang vom Verbrennungsmotor über den Hybridmotor zur vollständigen Elektrifizierung. Beim V8-Doppelturbo-Boxermotor handelt sich dabei um einen fortschrittlichen und leistungsstarken V8-Motor, der in Verbindung mit drei E-Motoren einen 1.012 PS starken Hybrid-Allradantrieb bildet. Die beiden Elektromotoren an der Vorderachse ermöglichen eine völlig unabhängige Steuerung des Drehmoments an den einzelnen Vorderrädern – auch bekannt als Torque Vectoring. Dies ermöglicht ein direkteres Ansprechen beim Einlenken, stärkeren Grip in der Kurve und verbesserte Traktion am Kurvenausgang. Die vorderen E-Motoren übernehmen auch den Rückwärtsgang, wodurch das Gewicht eines hinteren Getriebes eingespart wird. Ein dritter E-Motor ist in das Getriebe integriert und sorgt für zusätzliche Kraft an den Hinterrädern und dient gleichzeitig als Anlasser und Generator für den Verbrennungsmotor.

Der erste Prototyp geht noch in diesem Jahr auf die Straße und 2024 soll die Produktion beginnen.

Fotos: Aston Martin/Text: Rainer Roßbach