Fiat Mefistofele (1924)

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1922 geht bei einem Fiat-Grand-Prix-Wagen im britischen Brooklands der 18 Liter große Reihenvierzylinder entzwei. Der 175 PS starke Typ SB4, für die Saison 1908 gebaut, ist zwar schon im fortgeschrittenen Alter, aber der Brite John Eldridge nutzt die Gelegenheit, das stabile Chassis zu kaufen. Denn er hat einen 21,7 Liter großen Motor aus einem Kriegsflugzeug zur Hand, der gute Chancen bei Rekordfahrten bieten sollte. Das Reihensechszylinder-Ungetüm kommt auch aus Turin und ist 1,80 Meter lang – zu viel für das Fahrgestell, das dafür mit Teilen aus einem ausrangierten Londoner Bus gestreckt werden muss. Außerdem erhält der Bolide eine neue windschnittige Karosserie, und für die geplanten Rekordfahrten wird der Motor modifiziert: Aus einem Druckbehälter wird per Handpumpe – vom Beifahrer bedient – beiden Vergasern reiner Sauerstoff eingeflößt. Zwei Ketten übertragen die 320 PS auf die Hinterachse.

Im Sommer 1924 tritt Eldridge auf einer schmalen, unbefestigten Landstraße gegen den Franzosen René Thomas auf einem 350 PS starken Delage an. Gemessen wird die Fahrtzeit über eine Distanz von exakt einem Kilometer.

Eldridge erzielt bereits im ersten Versuch eine neue Bestmarke von 230,55 Stundenkilometern. Der findet allerdings nicht die gebührende Anerkennung, weil der Fiat nicht den vorgeschriebenen Rückwärtsgang hat. Eine Woche später startet der Brite erneut, diesmal mit regelgerechtem Getriebe.

Am 12. Juli 1924 erreicht er bei Arpajon in der Nähe von Paris einen Durchschnitt von 234,98 km/h über den fl iegenden Kilometer – Eldridge hat einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt. Es ist das letzte Mal, dass ein Weltrekord auf einer öff entlichen Landstraße erzielt wird. Anschließend werden Bestzeiten nur noch auf der Rennstrecke oder auf Autobahnen ausgefahren.

Fotos: Fiat/FCA/Text: Rainer Roßbach