Lohner Porsche (1900/2011)

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Am 14. April 1900 wurde die Weltausstellung in Paris eröffnet. Besonders ein elektrischer Wagen, der Lohner-Porsche, faszinierte die Besucher. Seine Vorderräder wurden von so genannten Radnabenmotoren angetrieben, die der damals 25jährige Ferdinand Porsche als Cheftechniker in der k.u.k.-Hofwagen-Fabrik Jakob Lohner & Co., Wien-Floridsdorf, entwickelt hatte. „Die epochemachende Neuheit“, hieß es in einem zeitgenössischen Fachblatt, „besteht in der gänzlichen Beseitigung aller Zwischengetriebe als Zahnräder, Riemen, Kette oder Differentiale, kurzgesagt in der Herstellung des allerersten bisher existierenden transmissionslosen Wagens.“

Tatsächlich kommt Porsches Radnabenmotor ohne Getriebe und Antriebswellen aus, weil das Rad als Rotor des Gleichstrom-Motors um den mit der Radaufhängung fest verbundenen Ständer läuft. Der Antrieb arbeitet daher ohne mechanische Reibungsverluste mit dem überragenden Wirkungsgrad von 83 Prozent. Rund 300 Fahrzeuge baute Lohner, was angesichts der Zeit eine respektable Produktion darstellte.

Die Motoren des Lohner-Porsche leisteten bis zu zwanzig Minuten lang je sieben PS, während die Normalleistung 2,5 PS bei 120 Umdrehungen pro Minute betrug. Ein 44zelliger Akku mit 300 Ampèrestunden und 80 Volt ließ das Auto bis zu 50 Kilometer weit fahren. Die Minimalgeschwindigkeit betrug 17, die Normalgeschwindigkeit 37 und die Höchstgeschwindigkeit knapp 50 Stundenkilometer. Eine elektrische Bremse wirkte auf die Vorder-, eine mechanische Bandbremse auf die Hinterräder. Sperrklinken an der Hinterachse verhinderten überdies ein Zurückrollen an Steigungen. Die Holzspeichenräder hatten vorn einen Durchmesser von 650, hinten von 950 Millimeter. Am Gesamtgewicht von einer Tonne war die Batterie mit immerhin 410 Kilogramm beteiligt, jedes der motorisierten Vorderräder mit 115 Kilogramm.

Je nach Aufbau und Motorisierung kostete ein Lohner-Porsche in den Folgejahren zwischen 10.000 und 35.000 österreichische Kronen und war damit wesentlich teurer als ein vergleichbares Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Zu den Käufern gehörte deshalb vor allem die Prominenz. So fuhren den Lohner-Porsche zum Beispiel der Wiener Kaffee-Großunternehmer Julius Meinl, Mercedes-Benz-Namesgeber Emil Jellinek aus Nizza, die Automobilfirma Panhard-Levassor in Paris, der Schokoladenfabrikant und Kinopionier Ludwig Stollwerck oder etwa der Bankier Baron Nathan Rothschild.

Der Lohner-Porsche soll sich durch besondere Fahrsicherheit ausgezeichnet haben. Wie ebenfalls der zeitgenössischen Presse zu entnehmen war, zeigte der Wagen „kein Schleudern in scharfen Kurven oder auf glattem, kotigem Pflaster, oder zum mindesten nur für Augenblicke, ganz wie beim Pferdebetrieb, bei welchem das Schleudern äußerst kurz und nur selten peinlich fühlbar wird“.

Das Konstruktionsprinzip hatte Zukunft: Während das Mondfahrzeug der NASA eine Episode blieb, arbeiten derzeit Automobilkonzerne wie Mitsubishi an emissionsfreien Fahrzeugen mit Radnabenmotor.

Keiner der Lohner-Porsche hat überlebt – Grund für die Zuffenhausener Sportwagenbauer, eine perfekte Replika zu bauen. Diese wurde 2011 auf dem Genfer Salon vorgestellt – als Botschaft: Wir konnten das schon vor mehr als 100 Jahren.

Fotos/Text: Rainer Roßbach